20. April 2020
Mit zwei Dekreten (Nr. 20/2020 und Nr. 21/2020) hat der Landeshauptmann von Südtirol die Lockerung der bisherigen Einschränkungen beschlossen. Die wesentlichen Lockerungen für Betriebe sind folgende:
„Mit Bezug auf jene Tätigkeiten, die nicht bereits durch die vorliegende Verordnung erlaubt sind, ist die Herstellung von Produkten oder die Erbringung von Dienstleistungen auf dem Betriebsgelände des Unternehmens zulässig, sofern maximal 5 Arbeiter tätig sind. Produktionstätigkeiten, die auch die Installation oder die Aufstellung vor Ort des Produkts erfordern, sind zulässig, sofern nicht mehr als 5 Arbeiter pro Unternehmen gleichzeitig daran beteiligt sind, sofern die vorgeschriebenen zwischenmenschlichen Abstände eingehalten werden können und jeder Kontakt mit dem Kunden vermieden wird und weiters auf jeden Fall die Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden, die vom Paritätischen Komitee im Bauwesen und von der Bilateralen Körperschaft für die Sicherheit des Handwerks am 16. April 2020 genehmigt worden sind."
1. April 2020
Mit Dekret des Ministerpräsidenten vom 1. April 2020 wurden die bisher erlassenen Notverordnungen sowohl des Ministerpräsidenten, des Gesundheitsministers und des Transport- und Infrastrukturministers bis einschließlich 13. April 2020 verlängert.
Aufgrund der Verschiebung der internationalen Sportgroßveranstaltungen wurden außerdem alle evtl. noch möglichen Sportveranstaltungen sowie die Trainingseinheiten ausgesetzt.
26. März 2020
Mit Dekret des Wirtschaftsministerium (MISE) vom 25.03.2020 wurde die Liste der ATECO–Codes der durch das Dekret des Ministerpräsidenten vom 22.02.2020 ausgesetzten Industrie- und Handelstätigkeiten präzisiert/ergänzt/abgeändert (siehe Link). Den von diesem neuen Dekret betroffenen Unternehmen wurde eine Frist bis zum 28. März 2020 eingeräumt, um die für die Aussetzung erforderlichen Aktivitäten abzuschließen und noch Waren auszuliefern.
Im Amtsblatt Nr. 79 vom 25.3.2020 wurde das Gesetzesdekret (DL) Nr.19 vom 25. März 2020 mit Dringlichkeitsmaßnahmen zur Bewältigung des epidemiologischen Notstands von COVID-19 veröffentlicht (siehe Link). Dieses Gesetzesdekret sieht für die Nichteinhaltung der Eindämmungsmaßnahmen unter anderem die Anwendung von Verwaltungsstrafen vor, außer die Handlung stellt eine Straftat dar. Außerdem sieht das vorgenannte Gesetzesdekret die zusätzliche Verwaltungsstrafe der Aussetzung/Schließung der Tätigkeit oder des Betriebes vor.
24. März 2020
Weitere Restriktionen wurden eingeführt:
Mit Dekret des Ministerpräsidenten vom 22. März 2020 wurden die Bewegungsfreiheit der Bürger und die wirtschaftliche Aktivität weiter eingeschränkt (siehe Link).
In Südtirol wurden diese Bestimmungen mit der Dringlichkeitsmaßnahme des Landeshauptmanns Nr. 12 vom 23. März 2020 übernommen (siehe Link).
Wichtiger Hinweis
Diese Maßnahmen sind jeweils im Zusammenhang mit den früheren Dekreten zu lesen: für den Staat das Dekret des Ministerpräsidenten vom 11. März 2020 (siehe Link), für Südtirol die Verordnung Nr. 10 vom 16. März 2020 (siehe Link).
Die wesentlichen Inhalte
Nur mehr die strategischen Industrie- und Handelstätigkeiten bleiben aufrecht. Diese zusätzliche Einschränkung gilt, vorbehaltlich neuer Verfügungen, bis 3. April 2020. Die Ausnahmen sind im Anhang zu den jeweiligen Maßnahmen unter Angabe des ATECO Codes aufgezählt.
Ebenfalls vom Verbot ausgenommen sind vor allem:
- alle Tätigkeiten, die die Kontinuität der Lieferketten für die in der Anlage aufgezählten Produktionen und Handelstätigkeiten sowie für die wesentlichen öffentlichen Dienstleistungen gewährleisten. In diesem Fall ist eine Mitteilung an das Regierungskommissariat zwingend nötig;
- jede Tätigkeit der Lieferkette für Medikamente, Gesundheitstechnik und –geräte, sowie im Bereich der Agrar- und Lebensmittelproduktion und überhaupt jede Tätigkeit, die zur Bewältigung des Notstandes zweckdienlich ist;
- die weitere Betreibung von Anlagen mit ununterbrochenem Zyklus, wenn die Unterbrechung zu schweren Schäden führen oder ein Sicherheitsrisiko darstellen würde; in diesen Fällen ist der Regierungskommissär zu informieren, der die Einstellung des Betriebs veranlassen kann;
Auch die ausgesetzten Tätigkeiten können aber aufrechterhalten werden, wenn sie mittels Fernarbeit oder einer flexiblen Arbeitsmethode durchgeführt werden.
Für die Vorbereitung der Schließung wird den Unternehmen eine Frist bis einschließlich 25. März 2020 eingeräumt.
In diesem Zusammenhang ist auf jeden Fall Folgendes zu beachten: die Zulässigkeit einer Tätigkeit ist substantiell zu beurteilen, es zählt also nicht die bloße Angabe eines ATECO Codes im Handelsregister, sondern die tatsächliche Tätigkeit. Diesbezügliche Erklärungen oder Mitteilungen müssen aber wahrheitsgemäß sein, da andernfalls hohe Strafen und rechtliche Konsequenzen u.a. auch unter dem Aspekt der Arbeitssicherheit drohen.
Aufhebung der Fristen in Gerichts- und Verwaltungsverfahren
Bereits mit Gesetzesdekret (DL) Nr. 18 vom 17. März 2020 wurden die gewöhnlichen Prozessfristen bis zum 15. April 2020 ausgesetzt (Art. 83); ausgenommen sind Dringlichkeitsverfahren.
Art. 103 setzt außerdem die Fristen für im Rahmen laufender Verwaltungsverfahren ebenfalls bis zum 15. April 2020 aus.
Zivilrechtliche Auswirkungen
Mit Ausnahme von öffentlichen kulturellen Darbietungen gibt es derzeit keine spezifische Bestimmung über die Auswirkungen der einschränkenden Maßnahmen auf Verträge (Art. 91 des Gesetzesdekretes Nr. 18 vom 17. März 2020 beschränkt sich darauf vorzusehen, dass die Einhaltung der Eindämmungsmaßnahmen für den Ausschluss der Haftung des Schuldners im Sinne der Art. 1218 und 1223 ZGB bloß abgewogen werden kann).
Das italienische Zivilrecht hält für den Fall der gänzlichen und/oder der teilweisen Unmöglichkeit eine vertraglich vereinbare Leistung zu erbringen die Möglichkeit vor, sich aus der Verpflichtung zu lösen, ohne Schadensersatz leisten zu müssen. In diesen Fällen ist aber auch die Gegenleistung bzw. die noch nicht erbrachte Gegenleistung nicht mehr geschuldet. Im Falle der nur vorübergehenden Unmöglichkeit haftet der Schuldner für die verspätete Erfüllung nicht. Verliert der Gläubiger aufgrund dieser Verzögerung sein Interesse an der Erfüllung des Vertrags, so kann er die vertragliche Verpflichtung lösen (Art. 1256 und 1258 ZGB).
Diese Prinzipien finden sich so oder so ähnlich in den meisten europäischen Rechtsordnungen, manche kennen sogar eigene Regelungen für Notstand z.B. eben bei Seuchen.
Sollte ein grenzüberschreitender Vertrag dem UN Kaufrecht unterliegen, so kommt eine allgemeine Force Majeur Klausel zur Anwendung.
Jedenfalls empfiehlt es sich und gehört es zu den Vertragspflichten, nach Treu und Glauben rechtzeitig den Vertragspartner auf sich abzeichnende Schwierigkeiten bei der Erfüllung aufmerksam zu machen.
Eine allgemeine Regelung, zum Beispiel für Bestandsverträge (v.a. Miete, bei der Betriebspacht könnte man sich auf Art. 1623 ZGB berufen), wäre sehr zu begrüßen.
Bestimmungen betreffend die Verwaltung von zivilrechtlichen Körperschaften (Gesellschaften, Genossenschaften, Vereine)
Die jährlichen Versammlungen können – unabhängig von der Satzung – innerhalb einer Frist von 180 Tagen nach Ende des Geschäftsjahres einberufen werden. Außerdem können die Versammlungen auch mittels Video– oder Telefonkonferenz abgehalten werden (Art. 106 Gesetzesdekret (DL) Nr. 18 vom 17. März 2020). Die Stimmabgabe kann auch mittels E-Mail oder schriftlich erfolgen.
Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung wird auch die Möglichkeit vorgesehen, dass Entscheidungen mittels eines Umlaufbeschlusses getroffen werden können und zwar unabhängig von den Bestimmungen in der Satzung.
Mitteilungen im Sinne des DPMR 22. März 2020
Die von den Bestimmungen des im Gesetzesanzeiger der Republik Nr. 76 vom 22. März 2020 veröffentlichten D.P.M.R. vom 22. März 2020 betroffenen Unternehmen werden ersucht, die entsprechenden Mitteilungen an folgendes zertifiziertes E-Postfach zukommen zu lassen: gabinetto.comgovbz@pec.interno.it
Wer über keine P.E.C.-Adresse verfügt, kann besagte Mitteilungen auch an folgende E-Mail-Adresse schicken: prefettura.bolzano@interno.it
In der Mitteilung müssen die Produktionskette, auf die sich der Betrieb bezieht, sowie die von Produkten und Dienstleistungen im Zusammenhang mit den erlaubten gewerblichen Tätigkeiten im Sinne des Art. 1, Abs.1, Buchstabe d) des D.P.M.R. begünstigten Unternehmen und Verwaltungen angegeben werden.
Auch müssen der ATECO-Schlüssel des gemeldeten Betriebs und der ATECO-Schlüssel der entsprechenden Produktionskette angegeben werden.
Die Vordrucke finden Sie hier.
Das Team der Rechtsanwaltssozietät Brandstätter steht Ihnen für weitere Informationen und Beratung auch in diesen schwierigen Zeiten gerne zur Verfügung.