Verbraucherschutz und Zwangsvollstreckung
Mit Urteil Nr. 9479 vom 6. April 2023 haben die Vereinigten Sektionen des Kassationsgerichtshofs in einem Zwangsvollstreckungsverfahren über den Verbraucherschutz entschieden und sind dabei dem Grundsatz gefolgt, den der Europäische Gerichtshof in seinen Urteilen vom 16./17. Mai 2022 (C-600/19, C-693/19, C-831/19, C-725/19) formuliert hat. In den genannten Urteilen wird festgehalten, dass, in einem Vertrag enthaltene nachteilige Klauseln missbräuchlich sind, diese auch dann als missbräuchlich anzusehen sind, wenn der Schuldner keine Widerspruchsklage erhoben hat. Die Prüfung der Gültigkeit solcher Klauseln obliegt dem Richter, der den Mahnbescheid erlassen hat, und der auch die eventuelle Missbräuchlichkeit dieser Klauseln prüfen muss; er verfügt hierbei auch über autonome Ermittlungsbefugnisse zur Klärung des Inhalts und der Art dieser Klauseln. Ein Mahnbescheid muss auch unter diesem Gesichtspunkt begründet sein; fehlt diese Begründung jedoch, so obliegt es dem Vollstreckungsrichter das etwaige Vorhandensein nachteiliger Klauseln zu prüfen, die die Gültigkeit der Forderung beeinträchtigen könnten. Eine solche Überprüfung kann im Wege einer summarischen Prüfung durch den Vollstreckungsrichter erfolgen, die bis zum Zeitpunkt der Abtretung oder des Verkaufs des Vermögensgegenstandes/Forderung durchgeführt werden kann. Darüber hinaus müssen die Prozessparteien über das Ergebnis dieser Überprüfung durch den Richter informiert werden und im Falle eines positiven Ergebnisses muss der Schuldner - bei Nichterscheinen im Vollstreckungsverfahren, durch Zustellung des Beschlusses - ordnungsgemäß darüber informiert werden, dass er gemäß Art. 650 der Zivilprozessordnung, 40 Tage Zeit hat, um einen verspäteten Widerspruch gegen den Mahnbescheid einzulegen, jedoch nur, um die Nachteiligkeit der Klauseln zu überprüfen.