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Aktuelle Entwicklungen im Europäischen Kartellrecht – Teil 2

Aktuelle Entwicklungen im Europäischen Kartellrecht – Teil 2

Der zweite Teil der Beitragsreihe zum Europäischen Kartellrecht beschäftigt sich mit den Implikationen des Kartellrechts für den Arbeitsmarkt.

Die EU-Kommission nimmt den Arbeitsmarkt unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten in den Fokus. Bestimmte Arbeitgeber-Absprachen verstoßen gemäß eines „Competition Policy Brief“, einer Mitteilung der EU-Kommission vom Mai 2024, gegen das Europäische Kartellrecht. In dieser Mitteilung begründen drei Mitarbeiter der Generaldirektion Wettbewerb ausführlich ihre Auffassung. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission bereits Ermittlungen gegen Essenslieferdienste in Deutschland und Spanien aufgenommen. Die Kommission zielt dabei auf „competitors for labour“ ab. Es reicht also aus, dass Unternehmen um dieselben Arbeitnehmer konkurrieren.

Die im „Competition Policy Brief“ genannten Arbeitgeber-Absprachen betreffen zwei Arten von Vereinbarungen. Zum einen gibt es die sogenannten „no-poach-agreements“. Dabei treffen Arbeitgeber eine Vereinbarung, sich gegenseitig keine Arbeitnehmer abzuwerben. Sie können sich darauf beschränken, nicht aktiv auf Arbeitnehmer des anderen Unternehmens zuzugehen. Sie können aber auch weiter gehen und beschließen, dass aktive Arbeitnehmer der anderen beteiligten Unternehmen nicht eingestellt werden, wenn sie sich bei den Beteiligten bewerben. Die Kommissionsmitteilung sieht hier eine Aufteilung der Versorgungsquellen nach Art. 101 Abs. 1 lit. c AEUV als gegeben an.

Zum anderen handelt es sich um „wage fixing“, also Absprachen, die den Lohnumfang der Arbeitnehmer betreffen. Hier ist nach Ansicht der Kommissionsmitarbeiter Art. 101 Abs. 1 lit. a AEUV betroffen, da es sich in der Sache um Preismanipulation handelt. Auch ein Informationsaustausch bezüglich der Gehälter kann schon als Wettbewerbsbeschränkung gesehen werden. Diese Absprachen ähneln laut der Mitteilung Einkaufskartellen.

Die Mitteilung der Kommission betrachtet diese Abreden als Wettbewerbsverletzung, ohne dass näher auf die tatsächlichen Auswirkungen einzugehen wäre. Die Eignung zur bzw. der Zweck der Wettbewerbsbeschränkung genügen bereits. Rechtfertigungsversuche wird die Kommission nach der Meinung der Verfasser grundsätzlich nicht akzeptieren, da mildere vertragliche Mittel zur Verfügung stehen. Erwähnt werden etwa Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungsvereinbarungen.

Diese Entwicklung wird nicht nur Auswirkungen auf „Riders“ von Lieferdiensten haben, sondern auch andere umkämpfte Arbeitsmärkte betreffen. Dabei ist insbesondere an Führungskräfte und Know-How-Träger zu denken. Nationale Kartellbehörden haben das Thema ebenfalls für sich entdeckt. So verhängte die portugiesische Behörde Bußgelder gegen die Vereine der 1. und 2. Fußballliga, die untereinander ein „no-poach-agreement“ getroffen hatten. Auch Skandinavien sowie Island und Finnland widmen sich dem Thema im Joint Nordic Report (Competition and Labour Markets) 2024.

Im weiteren Verlauf wird zu beachten sein, dass Kartellbehörden nicht nur global oder international agierenden Konzernen Marktmacht bescheinigen, wie der Fall einer Gruppe von deutschen Bauträgern zeigt, die sich hinsichtlich der Ausschreibungen einer Kommune über längere Zeit beim Angebotspreis abgesprochen hatten (Deutsches Bundeskartellamt, Az. B10-28/18). Daher sollten Arbeitgeber jeglicher Größe diese Entwicklung verfolgen.

 
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