Aktuelle Entwicklungen im
Europäischen Kartellrecht – Teil 3 – Sportverbände
Unsere Beitragsreihe zu den jüngeren Entwicklungen im
Europäischen Kartellrecht widmet sich in diesem Beitrag der Marktmacht großer
Verbände des professionell ausgeübten Sports. Zwei Entscheidungen des EuGH, International Skating Union (ISU) und European Superleague, könnte über den
Einzelfall hinaus noch größere Bedeutung zukommen.
In den Entscheidungen des EuGH ging es jeweils um
Regelungen der Sportverbände, die die Teilnahme von in diesen Verbänden
organisierten Sportlern an nicht genehmigten Wettbewerben sanktionierten. So
sollten die Sportler mit der Drohung des Ausschlusses aus sämtlichen
Wettbewerben davon abgehalten werden, außerhalb der eigenen Organisation
aufzutreten.
Die ISU drohte
mit dem lebenslangen Ausschluss von allen von der ISU organisierten Wettbewerben, falls ein Sportler an einem nicht
genehmigten Wettbewerb teilnehmen sollte. Der EuGH bemängelte insbesondere,
dass die entsprechende Regelung weder transparent, objektiv, präzise noch
nichtdiskriminierend sei, da es keine Kriterien für die Zulassung zu einem
fremden Wettbewerb gebe. Bei der Sanktionsandrohung handele es sich um eine
bezweckte Wettbewerbsbeschränkung nach Art. 101 Abs. 1 AEUV, die den
Markteintritt möglicher Konkurrenzverbände erschweren solle.
Ein weiteres Problem bestand darin, dass die ISU und das gegen kartellrechtlich
relevante Entscheidungen der ISU allein
zuständige Sportschiedsgericht CAS ihren Sitz in der Schweiz haben. Bei der
Überprüfung eines Schiedsspruchs des CAS durch das schweizerische Bundesgericht
sieht diese Art. 101, 102 AEUV nicht als ordre
public an und berücksichtigt die Vorschriften daher nicht. Das
Bundesgericht kann mangels Zugehörigkeit der Schweiz zur EU auch kein
Vorlageverfahren einleiten. Daher sieht der EuGH in der Bestimmung der
ausschließlichen Zuständigkeit des CAS einen Verstoß gegen das Europäische
Kartellrecht; Art. 101, 102 AEUV würden dadurch unterlaufen. Die weiteren
diesbezüglichen Entwicklungen werden für alle, die sich mit der schweizerischen
Schiedsgerichtsbarkeit befassen, spannend sein.
In European
Superleague befasste sich der EuGH ebenfalls mit Genehmigungsvorbehalten,
nämlich der FIFA und der UEFA. Die Genehmigungsvorbehalte seien
nach Ansicht des EuGH am Kartellverbot und dem Verbot des Marktmachtmissbrauchs
zu messen. FIFA und UEFA seien Marktbeherrscher in Bezug auf
internationale Fußballwettbewerbe. Durch die Sanktionierung der Teilnahme von
Spielern an fremden Wettbewerben könnten die beiden großen Fußballverbände
effektiv die Entstehung von Konkurrenz verhindern. Auch hier bemängelte der
Gerichtshof insbesondere, dass die entsprechende Regelung weder transparent,
objektiv, präzise noch nichtdiskriminierend sei. Eine Wettbewerbsbeschränkung
müsse darüber hinaus Spielern, Zuschauern oder Vereinen zugutekommen.
Beiden Entscheidungen lässt sich entnehmen, dass der
EuGH dem Europäischen Kartellrecht eine Schutzdimension für das Entstehen von
Wettbewerb zumisst. Das bedeutet, dass mögliche zukünftige Wettbewerber
Chancengleichheit im wirtschaftlichen Konkurrenzkampf genießen müssen. Dieser
Gedanke lässt sich auf andere Wirtschaftszweige, insbesondere die
Digitalwirtschaft, übertragen.