Der sechste und vorletzte Teil der Beitragsreihe zum
Europäischen Kartellrecht betrifft die Voraussetzungen der Schätzung eines
Kartellschadens, wenn die Kartellbeteiligten ihre Offenlegungspflicht nicht ausreichend
erfüllen.
Kartellgeschädigte sehen sich hohen Hürden gegenüber,
wenn es um die Geltendmachung von Schadensersatz gegen die Kartellbeteiligten
geht. Um der Darlegungs- und Beweislast zu genügen, müssen Geschädigte
grundsätzlich den Schaden beziffern und die Berechnung begründen können. Dabei
stellt sich das Problem, dass die Details der Kartellabsprache meist unbekannt
sind. Abhilfe kann hier neben Sachverständigengutachten der
Offenlegungsanspruch gegen die Kartellbeteiligten schaffen.
Teils verweigern die Kartellbeteiligten jedoch die
ordnungsgemäße Kooperation. Im Fall Ferrer/Daimler
AG, den der EuGH im Jahr 2023 zu entscheiden hatte, hatte das beklagte
Unternehmen die Frist zur Einsichtnahme von Dokumenten sehr kurz bemessen.
Darüber hinaus war es der Klägerpartei nicht erlaubt, die Dokumente zu
kopieren. Dass ein Schaden entstanden war, stand jedoch fest.
Da es der Klägerpartei unter diesen Umständen nicht
möglich war beziehungsweise übermäßige Schwierigkeiten bereitete, den Schaden
zu beziffern, durfte das nationale Gericht den Schaden schätzen. Dies wird
durch Art. 17 Abs. 1 der Kartellschadensersatzrichtlinie gestattet.
Im Ergebnis muss der Kläger
vernünftige Anstrengungen unternommen haben, den Schaden zu ermitteln. Die
mitgliedstaatlichen Gerichte haben dies sowie die Art und Weise der Offenlegung
durch den Beklagten zu berücksichtigen und anschließend zu beurteilen, ob der
Weg für eine Schätzung des Kartellschadens frei ist.